Hausarzt und Nieren

Die meisten PatientInnen mit einer leichten Nierenfunktionseinschränkung können hausärztlich optimal versorgt werden. Eine Ausnahme sind Patienten mit PKD. Eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM) mit dem Titel „Versorgung von Patienten mit nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis“ gibt erstmals dafür klare Handlungsempfehlungen.

Als Patienten begrüßen wir die DEGAM-Leitlinie, bei deren Erarbeitung wir eng eingebunden waren.

Prof. Dr. Sylvia Stracke ist Mitautorin. „Wir glauben, es ist eine vernünftige Leitlinie mit Augenmaß. Risikopatienten werden frühzeitiger als solche erkannt und der fachärztlichen Therapie zugeführt“, so DGfN-Prof. Galle.

Ausgangssituation

Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion haben das Risiko:

  • eine dialysepflichtige terminale Niereninsuffizienz oder spezifische Komplikationen zu entwickeln,
  • die mit einer hohen Einschränkung der Lebensqualität, Lebenserwartung und hohen Gesundheitsausgaben einhergeht.

Gemäß einer Pressemeldung der internationalen Nierengesellschaften (ASN, ISN und ERA-EDTA) vom 27.06.2018 leiden 10,4% der Frauen und 11,8% der Männer an einer chronischen Nierenkrankheit.

In Deutschland sind das etwa 8 bis 10 Mio. Menschen.

Das Ziel ist deshalb eine rechtzeitige Erkennung einer chronischen Nierenerkrankung und eine Therapie gemäß den aktuellen Leitlinien bzw. Stand der Medizin.

Nieren und Hausarzt

Eine chronische Nierenerkrankung ist oft ein Zufallsbefund beim Hausarzt.

Daraus ergibt sich die Frage, welche Kontrollen und Therapien kann der Allgemeinarzt bei chronisch nierenkranken Patienten übernehmen, die (noch) nicht dialysepflichtig sind?

Und ab welchem Stadium sollte eine Mitbehandlung durch den Nephrologen erfolgen?

Ist die glomeruläre Filtrationsrate verringert, muss generell an ein akutes Nierenversagen gedacht und sofort gehandelt werden.

Vorsorgeuntersuchungen

Ein Screening auf CKD wird nicht empfohlen. Gründe für eine Untersuchung auf eine chronische Nierenerkrankung sind jedoch:

  • Neu aufgetretene Ödeme oder Luftnot
  • Diabetes mellitus
  • Neu diagnostizierter Bluthochdruck
  • Einnahme nephrotoxischer Medikamente, Chemotherapie, Kontrastmittelgabe
  • Autoimmunerkrankungen, rheumatische Erkrankung
  • Urologische Erkrankungen
  • Positive Familienanamnese für Nierenerkrankungen, z. B. Zystennieren
  • Zufallsbefunde in Labor (z. B. Proteinurie) oder Sonographie

Hausärzte können Risiken frühzeitig abschätzen

Die Zahl der Menschen mit chronischer Nierenkrankheit wird auf 10% der Bevölkerung geschätzt. Das wären in Deutschland acht Millionen Nierenkranke. In dieser Zahl sind aber auch diejenigen Menschen enthalten, die eine leichtgradige, oft nur altersbedingte Reduktion der Nierenfunktion aufweisen, die in der Regel nicht schnell voranschreitet und daher auch keiner intensiven Therapie und fachärztlichen Versorgung bedarf.

„Auf eine Nierenersatztherapie sind letztlich nur gut ein Prozent der Betroffenen angewiesen. Derzeit werden ca. 80.000 Nierenkranke dialysiert, etwa 20.000 befinden sich in der Transplantationsnachsorge. Ziel der Prävention muss also sein, PatientInnen frühzeitig und effektiv zu behandeln, Risiken zu erkennen und die Dialyse zu verhindern oder möglichst lange hinauszuschieben“, betonte Professorin Sylvia Stracke, Leiterin der Nephrologie an der Universitätsmedizin Greifswald. „Hierfür ist die Allgemeinmedizin ein wichtigster Weichensteller.“

Im Fokus stehen die Blutdruckeinstellung und bei Bedarf eine Blutzuckereinstellung sowie eine Überprüfung und Anpassung der Medikamente und die regelmäßige Überwachung der Nierenfunktion, insbesondere bei RisikopatientInnen mit Diabetes mellitus oder Bluthochdruck.

„Wichtig ist, dass potenziell nierenschädigende Medikamente in diesen Fällen abgesetzt werden und die PatientInnen auch über nierenschädigende Nebenwirkungen von freiverkäuflichen Medikamenten aufgeklärt werden“, erklärte Prof. Jean-François Chenot, Sprecher der Sektion Qualitätsförderung der DEGAM und Leiter der Abteilung Allgemeinmedizin an der Universitätsmedizin Greifswald. „Schmerzmittel wie NSAR werden im Fernsehen beworben, was sie als ungefährlich erscheinen lässt. Dabei ist kaum jemandem bewusst, dass sie die Nieren schädigen können. Bei Menschen mit chronischer Nierenerkrankung kann eine längerfristige Einnahme dieser Medikamente sogar bis zur Dialysepflichtigkeit führen.“

Überweisung zum Nephrologen

Die S3-Leitlinie empfiehlt dem Hausarzt eine Überweisung zum Nephrologen, wenn:

  • Blut im Urin ist, das nicht durch eine urologische Erkrankung erklärbar ist,
  • nennenswerte Mengen Eiweiß im Urin sind,
  • der Blutdruck auch mit drei Medikamenten nicht zu kontrollieren ist,
  • die Nierenfunktion rasch abnimmt,
  • ein begründeter Verdacht auf eine spezifische Nierenerkrankung vorliegt (z.B. eine polyzystische Nierenerkrankung = Zystennieren).

Die Idee und die Umsetzung zur bundesweit geltenden Leitlinie entstand aus einer Kooperation der Allgemeinmedizin mit Professor Dr. Jean-Francois Chenot und Professorin Dr. Friederike Weckmann sowie der Nephrologie mit Professorin Dr. Sylvia Stracke an der Universitätsmedizin Greifswald. Ermöglicht wurde die umfangreiche Leitlinienerstellung durch Förderung der KfH-Stiftung Präventivmedizin und der Damp-Stiftung.
Hausärzte können Risiken frühzeitig abschätzen

Klare Handlungsempfehlungen geben Orientierung

Die neue DEGAM-Leitlinie empfiehlt jedoch die Überweisung in die Nephrologie, wenn Blut im Urin ist, das nicht durch eine urologische Erkrankung erklärbar ist, nennenswerte Mengen Eiweiß im Urin sind, der Blutdruck auch mit drei Medikamenten nicht zu kontrollieren ist sowie wenn die Nierenfunktion rasch abnimmt und ein begründeter Verdacht auf eine spezifische Nierenerkrankung vorliegt.

„Mit der neuen Leitlinie sollen RisikopatientInnen rechtzeitig als solche erkannt und der fachärztlichen Therapie zugeführt werden. Alle anderen erhalten eine optimale Versorgung bei ihrem Hausarzt“, so Stracke. „Eine Überweisung zum Nierenspezialisten bei Vorliegen eines dieser Kriterien gerade bei jüngeren Menschen sollte großzügig und schnell erfolgen“, hob Chenot hervor.

Besonders wichtig sei den NephrologInnen die Kreatininbestimmung bei RisikopatientInnen gewesen, die die Leitlinie in regelmäßigen Abständen entsprechend individuell vereinbarter Überwachungszeiträume empfiehlt. Kreatinin ist ein wichtiger Parameter für die Nierenfunktion. „Sie machen das Netz engmaschig genug, um zu garantieren, dass niemand unerkannt und unbehandelt ein fortgeschrittenes Stadium der Nierenkrankheit erreicht. Wir sind überzeugt, dass die neue Leitlinie so langfristig dazu beitragen kann, dass weniger Nierenkranke eine Nierenersatztherapie wie eine Dialyse oder Transplantation benötigen“, so Stracke und Chenot, die ihre wissenschaftliche Zusammenarbeit weiter fortsetzen werden.

Was ist zu tun bei einer Erstdiagnose?

In einer Kurzfassung werden die notwendigen Massnahmen zusammengefasst.

Kurzfassung zum Vorgehen bei Erstdiagnose

Therapie und Monitoring

In einer Kurzfassung werden die notwendigen Massnahmen zusammengefasst.

Kurzfassung Therapie und Monitoring

Mitwirkung der Patienten an der Erstellung der Leitlinie

Frühzeitig wurden wir in die Erarbeitung der Leitlinie eingebunden.

Zur Leitlinie

Die neue Leitlinie ist abrufbar unter https://www.degam.de/degam-leitlinien-379.html

Texte © Uni Greifswald

Meine Nieren schützen

Der Nierenschutz ist für jeden in der Bevölkerung relevant und nicht nur für chronisch Nierenkranke, Dialysepatienten, Transplantierte und Lebendspender, mehr lesen

Die Fragen, die sich jeder stellen sollte sind:

  • Wie schaffe ich es, daß meine Nieren lange/länger halten?
  • Wie schütze ich meine Nieren?
  • Wie vermeide ich zusätzliche Schäden?
  • Wie schütze ich mich selbst?Wie bleibe ich in einem möglichst „guten Zustand“?

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